Heute morgen im Zug. Ein alter Mann setzt sich einem Studenten gegenüber, der gerade etwas liest. Der alte Mann fragt den Studenten in einem starken russlanddeutschen (plautdietschen) Akzent, ob dies der richtige Zug ist und zeigt ihm sein Ticket. Der Student antwortet kurz und bestätigt das. Nach einer Weile fragt der alte Mann etwas umständlich, was der ihm Gegenübersitzende denn studiere. Dieser sagt kurz „Physik“, doch der alte Mann versteht ihn nicht. Der Student wiederholt „Physik“, doch der alte Mann versteht immer noch nicht. Nun sagt der Student „Ich studiere die Natur. Die Gesetze der Natur.“ „Ah, die Natur…“ sagt der Alte und fängt an zu erzählen, dass er mal als Förster gearbeitet habe, dass man die Natur so erhalten solle, wie Gott sie erschaffen habe und dass es gut sei, die Natur zu studieren. Der Student nickt und wendet sich wieder seinen Lernzetteln zu. Ab und zu sagt der Mann noch was zur Natur und ich habe fast den Eindruck, dass er bestimmt ein netter Kerl und vielleicht ein bisschen weise ist. Plötzlich holt der alte Mann eine Flasche Jägermeister heraus, gießt sich einen Plastikbecher voll und kippt den in einem Zug herunter.

Nun ist er nicht mehr zu bremsen. Als auf der anderen Seite des Ganges ein junger Mann einer Gruppe von Studentinnen eine Sache in Mathe erklärt, die sie nicht verstehen, mischt der Alte sich pausenlos ein, um den jungen Leuten zu erklären, dass sie sich nichts andrehen lassen sollten. Er meinte, er kenne solche Leute und das sei alles Betrug. Alles, was mit Zahlen zu tun habe, sei Betrug. Dabei fängt er schon an zu lallen. Erst sind die Studenten etwas irritiert, doch nach eine Weile lacht das halbe Zugabteil über die Sprüche dieses Mannes, der sich selbst scheinbar für recht klug hält. Sein letzter und vielleicht bester Spruch, bevor der Zug hält, lautet „Wer glaubt, der glaubt nur einmal!“