Ich habe gestern um die Mittagszeit die Inspiration gespürt und direkt eine Kurzgeschichte geschrieben. Im Druck ist es genau eine Seite (PDF) – Du kannst sie aber auch direkt hier lesen.

Ein Mondtag dauert 29 Erdentage und in dieser Zeit herrscht eine Temperatur von bis zu 130 Grad.

 

Die Hitze wurde langsam unerträglich.

Bei jeder Drehung des Ventilators in seine Richtung schloss Parker die Augen und genoss den Luftstrom. Jede überflüssige Bewegung musste vermieden werden.

Den anderen ging es nicht besser. Einer seiner Kollegen hatte sich aus Drähten eine Art Hutgestell gebaut, in das er immer wieder ein feuchtes Tuch hinein hing. Doch das Wasser war auch warm. Parker blickte auf die Temperaturanzeige des Wassertanks. Fünfzig Grad Celsius. Und dabei befand sich dieser Tank viele Meter unter der Mondoberfläche. Die Aufbereitung musste so schnell gehen, dass die lebensnotwendige Flüssigkeit keine Zeit fand, sich schnell genug abzukühlen. Seit die Klimakontrollen heruntergefahren werden mussten, waren nicht einmal zwei Stunden vergangen und schon herrschte im Maschinen-Kontrollraum der Station Wüstenklima. Inzwischen hatte man aufgehört, Witze darüber zu machen und jeder arbeitete, ohne ein Wort zu sagen, an der Lösung des Problems.

Das Rauschen des Ventilators, den einer von Parkers Kollegen aufgetrieben hatte, war nun das einzige, was sie alle hörten.

 

Parker schaute auf seinem Bildschirm nach der Uhrzeit. Die Temperatur stieg zu schnell. Die Versorgungsschiffe waren schon auf dem Weg, doch jeder wusste, dass sie nicht eintreffen würden, bevor die Temperatur eine Höhe überschreiten würde, die jedes menschliche Leben unmöglich machen sollte.

Wäre diese Panne während der Mondnacht passiert, wären nun längst alle tot. Diese Erkenntnis war ihm ein schwacher Trost.

 

Der Kollege Jonsson hustete trocken. „Wir brauchen eine andere Lösung!“ keuchte er heraus und trank dann einen Schluck warmes Wasser. Niemand antwortete. Jonsson hatte auch keine Antwort erwartet und wandte sich wieder dem Bildschirm zu.

Es gab keine andere Lösung. Jeder der anwesenden Klimakontroll-Experten wusste das. Wenn das Emigranten-Schiff, das eigentlich zum Mars unterwegs war, hier eintreffen würde, dann würde es zu spät sein.

Vermutlich berichteten inzwischen alle irdischen Medien über dieses Ereignis. Parker wollte lieber nicht nachsehen. Während er und seine fünf Kollegen hier saßen und hoffnungslos auf ihre Bildschirme blickten, gab es draußen eine Pressekonferenz. José Ramirez, der Stationsleiter, war über Videotelefonie verbunden mit ausgewählten Vertretern der internationalen Medien. Seine Aufgabe war es nun, die bevorstehende Katastrophe herunterzuspielen. Er konnte das gut. Aber es würde nicht helfen.

 

Tom Parker lehnte sich zurück und erhaschte eine lauwarme Brise vom Ventilator. Dabei blickte er auf die Schemazeichnung, die sein Bildschirm anzeigte. Dann guckte er durch sie hindurch. Er hatte schon so lange daraufgeblickt, dass er sie auswendig kannte. Draußen sprach Ramirez sicher davon, dass man den Verlust gewisser Bauteile kompensieren könnte. Doch das konnte man hier nicht. Es war einfach zu viel beschädigt.

Parker hatte Erfahrung mit solchen Maschinen. Noch bevor es auf dem Mond eine ständige bemannte Station gab, hatte er Klimakontrollanlagen für Raumschiffe und für die Marsstation konstruiert. Den Bau von einem Großteil der Anlagen hier auf dem Mond hatte er geplant und überwacht. Natürlich war man auf jede Eventualität vorbereitet.

Nur nicht auf diese.

 

Die Tür ging langsam auf und Ramirez trat hinein. Er trug ein Jackett über dem Arm und sein weißes Hemd war so nass, als hätte ihm jemand einen Eimer Wasser über die Brust geschüttet. Parker ließ sich nebenbei die Besatzungsdaten anzeigen. Vierundneunzig Seelen befanden sich auf der Station.

Ramirez schaute ernst in die Runde. „Die Krankenstation meldet den ersten Herzschlagfall.“

Dreiundneunzig, dachte Parker.